Schottischer Widerstand

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Donald Trump trug einmal den Titel des Ehren-Botschafters für Schottland. Den ist er aufgrund seiner Hetze gegen Einwanderer mittlerweile los und auch der Widerstand gegen den Investor hat in dem Landesteil zugenommen. Im Fokus des Protests stehen die Anwohner des Golfresorts von Trump, die der US-Präsidentschaftskandidat seit Jahren los werden will. Doch einige Schotten wollen nicht weichen.

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Gegen acht Uhr an einem Morgen im Jahr 2008 rücken ohne Vorwarnung die Gärtner an. Der Schotte David Milne sitzt beim Frühstück im Wohnzimmer seines Hauses nördlich von Aberdeen, und beobachtet, wie eine Kiefer nach der anderen gesetzt wird. Und schon beim Mittagessen trüben Bäume seinen Blick aufs Meer, wegen dem er Anfang der 90er das Grundstück an der Nordsee gekauft hatte. Um seinen Garten herum steht nun ein grüner Wall als sei der Vorhang zugezogen worden. Es ist ein Gruß von Donald Trump.

Der Investor baute an der schottischen Küste den nach eigenen Worten „großartigsten Golfplatz der Welt“ und die Anwohner des Gebiets sollten für die Luxus-Vision des Milliardärs Platz machen. David Milne und einige andere Nachbarn aber wehren sich seit zehn Jahren. Die Geschichte im schottischen Dünensand, weit weg vom Wahlkampf in den USA, wo der republikanische Präsidentschaftskandidat bald ins Weiße Haus einziehen will, beschreibt, wie skrupellos Donald Trump in schwierigen Situationen verfährt, wie der Mensch und Unternehmer tickt. „Anfangs waren wir weder für noch gegen das Projekt“, sagt Milne. Der Widerstand kam erst, als „das Ausmaß an Unehrlichkeit offenbart wurde, das die Trump-Organisation anwandte“. So meldete sich etwa ursprünglich ein Mann namens Peter White, der Milnes Haus kaufen wollte, weil er sich angeblich beim Jagen in den Landstrich verliebt habe. Der Schotte lehnte ab, manche Nachbarn nahmen an. Später stellte sich heraus, dass White für Trump arbeitete und die Angebote weit unter dem tatsächlichen Wert der Häuser lagen.

Bei den Widerspenstigen versuchten es die Abgesandten des Investors auf die harte Tour. „Mit Drohungen wie ‚Ihr solltet wissen, dass wir immer bekommen, was wir wollen‘ oder ‚Ihr seid im Weg, früher oder später werdet ihr wegziehen‘ wollten sie uns einschüchtern“, sagt Milne und stopft seine Hände in die Hosentaschen. Er trägt Jeans, T-Shirt und Vollbart, ein bodenständiger Schotte, der sich nicht einschüchtern lässt und in lokalen Medien als Mann beschrieben wurde, „der Trump bereits hasste als es noch nicht cool war, Trump zu hassen“. Bei solchen Sätzen lacht der 52-Jährige zwar kurz auf, aber zum Lachen ist ihm und seinen Nachbarn schon lange nicht mehr zumute. „Er lebt wie ein Schwein“, beschimpfte Trump den Farmer Michael Forbes vor laufenden Kameras. Der wohnt inmitten des Golfareals und sei eine „Schande“, befand Trump. Dem Ehepaar Munro, das ebenfalls ein Haus an der Grenze zu Trumps Anwesen besitzt, ließ er einen vier Meter hohen Erdwall aufschütten, um ihnen sowohl den Blick aufs Meer zu verbauen als auch Trumps Gästen die heile Welt vorzugaukeln. Aus Protest gegen dessen Hetze gegen Einwanderer hissten sie während des Besuchs des Republikaners die mexikanische Flagge und ernteten viel Medienaufmerksamkeit. David Milne kramt in einer Box und zieht Briefe aus aller Welt heraus, in denen ihm Menschen für seine Gegenwehr danken.

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Dabei trug der Investor, der sich gerne auf seine schottischen Wurzeln mütterlicherseits beruft, einmal den Titel des Ehren-Botschafters Schottlands. Der damalige Ministerpräsident Alex Salmond erklärte 2007 das Bauprojekt zur Chefsache und kassierte das Nein-Votum der lokalen Behörde. Die schottische Regionalregierung wollte nicht auf die vermeintlichen Milliarden des US-Amerikaners verzichten. „Am Ende überwogen die wirtschaftliche Vorteile die ökologischen Argumente“, sagt David Milne und zeigt vom Dach seines Hauses auf das Gebiet, das einst geschützte Natur war. Wild. Romantisch. Unberührt. Die finanziellen Aussichten schienen aber zu rosig, als Trump versprach, mehr als eine Milliarde Euro in der Region zu investieren, mit dem Golfresort auf dem 600 Hektar großen Menie Estate rund 1200 Jobs zu schaffen, ein Fünf-Sterne-Hotel sowie hunderte Ferienappartements bauen zu wollen. Heute schätzen Beobachter die Zahl der Mitarbeiter auf 95, die meisten davon saisonal angestellt. Es gibt ein Boutique-Hotel und den Golfplatz inklusive Clubhaus. Die Investition beläuft sich auf rund 45 Millionen Euro, viele seiner Zusagen, die für die schlussendliche Bauerlaubnis entscheidend waren, hat er nicht eingehalten. Und ob er jemals Wohnungen bauen wird, steht ebenfalls in den Sternen. Denn Trump hat sich mittlerweile mit Salmond und der Regierung unter Nicola Sturgeon überworfen, die einem Offshorewindpark vor der Küste von Aberdeen zugestimmt hat. Der Immobilien-Tycoon klagte vor Gericht, verlor und will plötzlich seine Milliarden-Investitionen zurückhalten. David Milne dagegen sieht den Streit nur als „Ausrede, um sich aus seinem Verlustgeschäft verabschieden zu können“. Denn das raue Wetter, der Wind und das Salz holten sich die Natur zurück. „Von Anfang an hat Herr Trump abwechselnd das schottische Bauplanungssystem schikaniert oder ignoriert“, sagt der Grünen-Politiker Martin Ford. „Wir haben die großartigen Dünen in Menie wegen eines Bauprojekts verloren, die Jobs und wirtschaftlichen Vorteile sind nicht verwirklicht worden.“

Und der Widerstand der Schotten nimmt weiter zu. Erst Anfang des Jahres forderten weit mehr als eine halbe Million Menschen, Trump mit einem Verbot zur Einreise in Großbritannien zu belegen, weil er sich der Hassrede schuldig gemacht habe. Das müsse für Reiche und Mächtige ebenso gelten wie für Arme und Schwache, befand Suzanne Kelly, die Initiatorin der Petition und leidenschaftliche Trump-Gegnerin. Sie ist US-Amerikanerin, lebt aber in Aberdeen und störte sich an den islamfeindlichen Äußerungen des Milliardärs. Auch wenn der Antrag nicht durchging. Für sie war es ein Erfolg, dass so viele Menschen ihre Petition unterzeichneten und sich gegen den Rassismus von Trump aussprachen.

Der Rasen um das 18. Loch ist derweil zurechtgestutzt, die Straße zum Clubhaus des Golfplatzes perfekt geteert. Im Inneren laden Ohrensessel auf einem schweren Teppich im Tartanmuster das gut betuchte Klientel zur Golfpause ein. Das geschwungene „T“ hängt über ihnen, eingeschnitzt in die hölzernen Türrahmen. Auf der Speisekarte und den Golfmobilen prangt das Fantasie-Wappen, das Trump den Behörden abgetrotzt hat. Darauf abgebildet Adler, ein Löwe und das lateinische Motto „numquam concedere“ – niemals aufgeben. Man wähnt sich erst in Las Vegas, bevor der graue Himmel und der Nieselregen wieder daran erinnern, dass sich das Golfresort im wirklichen Schottland befindet. Nur, alles schreit nach Eitelkeit, nach Großspurigkeit, nach Kitsch. Das Trumpsche Deodorant mit dem Namen „Success“ genauso wie der 26 Jahre alte Whisky, auf dessen Flasche der Name Trump prangt und die es im Clubhaus-Laden für den stolzen Preis von 295 Pfund zu kaufen gibt – signiert vom Präsidentschaftskandidaten kostet sie 500 Pfund. Willkommen in der Trumpschen Welt. Von hier sieht man zum Ärger der Luxus-Betreiber trotz Kiefernreihe noch immer David Milnes Haus hoch oben auf der Düne. Denn die Bäume leiden unter dem rauen Wetter, verlieren Nadeln und damit den Sichtschutz. Längst kamen erneut Gärtner, um eine zweite und dritte Reihe um David Milnes Anwesen zu pflanzen. „Kiefern mögen dieses Wetter nicht, aber Trumps Leute verstehen das nicht“, sagt er. Fast amüsiert es ihn.

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