Boom der britischen Butler

Gary Williams3

Ob in „Dinner for one“ oder „Downton Abbey“ – der britische Butler gilt nach Jahrhunderten im Dienst wieder als Institution bei den Superreichen. Einer, der in der schwarz befrackten Dienerschaft ganz oben mitspielt, ist Gary Williams. Als Cheftrainer des Londoner „British Butler Institute“ bildet er die Alleskönner von morgen aus.

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Wenn Butler James in feiner englischer Art Miss Sophie bedient, dann wirkt das für viele Zuschauer wie ein Relikt aus alten Tagen, auch wenn der Kultsketch bis heute zum Schmunzeln anregt. „Dinner for one“? Gary Williams schüttelt den Kopf und lacht, er hat noch nie von dem Silvesterklassiker gehört. Dabei verkörpert der 53-jährige Engländer das Bild des vollkommenen Untertans. Der Butler ist Cheftrainer des Londoner „British Butler Institute“, eine der renommiertesten Schulen für all diejenigen, die sich zum Elitediener ausbilden lassen wollen. Doch es sind nicht nur Fernsehserien wie „Downton Abbey“, die den Berufsstand bewerben. „Uns gibt es seit dem Mittelalter und englische Butler haben weltweit den Ruf, die Besten zu sein“, sagt er. „Wir sind zurückhaltend, sehr pünktlich und uns des Kodexes bewusst, Geheimnisse zu wahren und keine persönlichen Dinge weiterzugeben.“

Auf der Insel sei man stolz auf die Tradition des berühmten britischen Butlers, sagt Williams, der früher Besitzer eines Schreibwarengeschäfts war und vor 15 Jahren umgesattelt hat. Seitdem arbeitete er unter anderem für die königliche Familie, servierte der ehemaligen Premierministerin Margaret Thatcher den Tee und bediente Prominente wie den Schauspieler Nicolas Cage oder die Chefin der US-Vogue, Anna Wintour. „Wir sind da, um nahtlosen Service anzubieten, damit unsere Auftraggeber freie Zeit für ihre Familie, Freunde und Arbeit haben.“ Und stets bleibt er im Hintergrund, fast unsichtbar, während die Aufgaben breit gefächert sind. Manche wünschten lediglich ein leichtes Essen am Abend, andere wollten, dass man sich um die Uhren- oder Kunstsammlung kümmert, wieder andere bräuchten Butler, um die Hausangestellten zu koordinieren oder Empfänge auszurichten. Im royalen Haushalt etwa gibt es laut Williams Diener, die lediglich für das Öffnen und Schließen der Türen und fürs Schuheputzen zuständig sind.

Der Film „Was vom Tage übrig blieb“, in dem Anthony Hopkins den Butler schlechthin spielt, hat bei Williams den Wunsch ausgelöst, immer wieder in die Welt der Reichen einzutauchen. „Es ist der aufregendste Beruf, den ich mir vorstellen kann. Wer würde das nicht machen wollen?“, fragt er, während er im Seminarraum in einem der schicken Gebäude in der Londoner Innenstadt sitzt – gebräunt von Reisen und geschmeichelt vom Lob seiner Studenten. „Gary ist eine Institution und Inspiration für uns alle“, schwärmt ein Schüler, bevor er sich mit einem „Good evening, Sir“ verabschiedet. Der 54-Jährige gehörte zu den zwölf Teilnehmern des vierwöchigen Kurses des Instituts Anfang dieses Jahres. Tafeln anrichten, Kaffee rösten, Blumen binden, Cocktails mixen, kochen, Wein servieren, Nobelkarossen chauffieren, englische Vornehmheit zur Schau tragen – die Kunst des Dienens erfordert Fertigkeiten auf zahlreichen Gebieten, viel wird anhand von Rollenspielen und Fallbeispielen gelehrt, mittlerweile hat sich der moderne Butler zum Alleskönner entwickelt. Häufig stecken persönlicher Assistent, Manager, Hausmeister, Kellner und Gärtner in einer Person, Multitalente sind gefragt. Die vierwöchige Trainingseinheit kostet umgerechnet etwa 6800 Euro, danach können Butler in London laut Williams durchschnittlich etwa 60.000 Euro pro Jahr als Einstiegsgehalt verdienen.

Während Mitte des vergangenen Jahrhunderts der Bedarf an Butlern drastisch sank und die Profession vor allem in die Geschichtsbücher Einzug hielt, erlebt der schwarz befrackte und weiß behandschuhte Diener aufgrund der Globalisierung seit einigen Jahrzehnten eine Renaissance. „Es gibt jeden Tag mehr Millionäre und Milliardäre“, erklärt Williams die wachsende Nachfrage. Neben Europa sind es Länder wie China, Russland oder der arabische Raum, die für den Boom verantwortlich sind. Jedes Land sei zwar anders, jeder Kunde habe andere Bedürfnisse. „Manchmal kann ein britischer Butler lediglich ein Statussymbol sein wie beispielsweise oft in China“, so Williams.
Trotzdem, am Ende wollten alle eins: exzellenten Service. „Diese reichen Menschen sind Kuratoren ihrer eigenen Leben“, sagt er. „Sie wollen einen wundervollen Lebensstil genießen und brauchen uns, die das Drumherum verwalten.“ Auch wenn insbesondere in Südeuropa einige Staaten mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, Butler müssten sich kaum Sorgen machen. Weil das Reich der Mitte zunehmend Luxusdiener vom Markt abzieht, sei eine Lücke entstanden. Die wollen Ausbildungsstätten wie das „British Butler Institute“ schließen. Erst kürzlich gab Williams ein Training im gebeutelten Griechenland, in Italien finden ebenfalls regelmäßig Kurse statt. „Wenn unsere Auftraggeber von einer Krise betroffen sind, dann werden sie vielleicht eines ihrer Häuser los. Aber bestimmt nicht den Butler.“

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