Einmal Brockwurst bitte

Launch of Herman ze German's, Soho branch. 1st August 2013

Bratwurst, Currywurst und Schnitzel – deutsches Essen ist in London so angesagt wie nie, auch dank Florian Frey und Azadeh Falakshahi. Sie bedienen mit mittlerweile drei Lokalen von ‚Herman ze German‘ den Appetit der Briten. Typisch deutsch? Ja, aber irgendwie cool und ohne die angestaubte Volksfestromantik.

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Die sogenannte Brockwurst wird gerne bestellt, jene mit weich rollendem, englischem „r“. Die Antwort der Bedienung fällt stets als Gegenfrage aus: „What?“. Ja, was nun: Bockwurst oder Bratwurst? Die Briten zucken die Schultern, Hauptsache Wurst, deutsche Wurst.
Ein Lächeln umspielt den Mund der Frau im Lokal „Herman ze German“. Das ist Alltag. Genauso wie die langen Schlangen, die sich täglich um die Mittagszeit vor den Filialen im Innenstadtviertel Soho oder unweit des Bahnhofs Charing Cross bilden. Seit kurzem stillt ein drittes Lokal in bester Londoner Lage den Appetit der Briten auf Bratwurst, Schnitzel, Currywurst und Pommes spezial. Sie sind auf den deutschen Geschmack gekommen und das ganz ohne lärmende Volksfestromantik mit bayerischen Fähnchen und dirndltragenden Mädels, dafür hängen alte Fleischwölfe als Dekoration an den Wänden. „Herman ze German“ ist eine Erfolgsgeschichte, deren Anfang geschrieben wurde, ohne dass das Ende abzusehen war.

Die 31-jährige Azadeh Falakshahi und der 34-jährige Florian Frey, beide aus dem südbadischen Lörrach, sind die Menschen hinter der Wurst, dabei hatten sie andere Pläne. Falakshahi zog vor neuen Jahren für ihr Fotografie-Studium in den Küstenort Brighton, lernte bei einem Heimatbesuch Florian Frey kennen, der sich in der Schweiz als Friseur verdingte. Sie verliebten sich, Frey zog nach Brighton und schnitt dort Haare. Sie lebten in einer Wohngemeinschaft und brachten von Deutschlandtrips kofferweise Würste für Grillabende mit auf die Insel. Irgendwann fragte ein Pub an, ob sie nicht die Verkostung während der „deutschen Abende“ übernehmen wollen, eine Anfrage für ein Musikfestival folgte. Das Paar lieh sich Geld, ersteigerte einen roten Verkaufswagen und Frey bestellte eine Palette Würste bei seinem Hausmetzger im Schwarzwald. Improvisiert starteten sie ins Wochenende. „Das war alles nur aus Spaß“, erinnert sich Florian Frey und streift mit der Hand durch seinen Vollbart. Wenn er zurückdenkt, leuchten seine Augen, noch immer schüttelt er den Kopf. Was folgte, waren Warteschlangen vor ihrem Wagen, die nicht kürzer werden wollten. „Die Leute haben Bilder von unserem Stand gemacht und wollten T-Shirts kaufen.“ Das lag nicht nur an der Wurst, sondern auch an der Präsentation. „Herman“, der britische Universalname für Deutsche, kam genauso gut an wie das Wurstlogo, auf das die beiden heute noch stolz sind und von einem befreundeten Designer entworfen wurde. Er kam zudem auf die Idee mit dem selbstironischen „ze“ im Firmennamen – eine Parodie auf die Schwierigkeiten der Deutschen, das englische „th“ auszusprechen. „Es soll charmant sein und zeigen, dass wir uns selbst nicht so ernst nehmen“, erklärt Frey.

Nachdem sie mit ihrem Wurststand zwei Jahre lang von Essensmärkten über Festivals tingelten, stellten sich Falakshahi und Frey im Jahr 2010 in ihrem ersten eigenen Lokal in bester Londoner Lage hinter den Grill, auch wenn die Quereinsteiger zu Beginn mit Schwierigkeiten kämpfen mussten. Der Ansturm war zu groß, sie waren zu langsam. Hinzu kommt: „Jeder in Deutschland hat eine andere Vorstellung von einer Currywurst“, so Frey. Mit oder ohne Darm. Bratwurst oder Bockwurst. Aus Rind- oder aus Schweinefleisch. „Verschiedene Regionen in Deutschland haben unterschiedliche Würste.“ Mittlerweile haben sie 50 Angestellte, pro Woche werden etwa 10.000 Würste verkauft. Der Mix aus Deutschem und Englischem kommt bei den humorigen Briten an, dazu die nach eigenen Angaben Kompromisslosigkeit bei der Qualität der Würste aus dem Schwarzwald. Das Klischee vom Deutschen wird mit Hilfe von Paulaner und Rothaus, Brat- und Currywurst bedient, aber nicht überstrapaziert. Vielmehr lockt das neue Lokal im begehrten Stadtteil Fitzrovia mit schickem Holzboden, umgestalteten orangefarbenen Biertischen und einem Neonschild „Our Wurst is ze Best“, im Frühjahr wird ein vierter Laden eröffnet. Wer lediglich die pure Wurst wünscht, wird ebenfalls fündig. „No carbs Fräulein?“, fragt ein Schild. „Wir wollen keine Touristenbude sein, sondern von Briten angenommen werden“, sagt Frey. Dass Deutschland derzeit auf der Insel als so angesagt gilt wie nie zuvor, hilft den Jungunternehmern. Die deutsche Wurst ist cool geworden.

Bildquelle: Herman ze German

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